Interview mit Carmens Bücherfreunde

Marion Schreiner hat sich meinen Fragen gestellt und mir ganz viel Zeit geopfert und wirklich sehr ausführlich geantwortet, was sie mir alles erzählt hat könnt ihr jetzt erfahren:
Liebe Marion, schön, dass du Zeit für mich hast, als Einstieg und um dich etwas besser kennen zu lernen, stell dich einfach mal kurz vor:

Marion:
Mein Name ist Marion Schreiner. Ich wurde im Rheinland geboren, bin seit 33 Jahren verheiratet und habe zwei erwachsene Söhne. Mein erlernter Beruf ist der einer staatlich anerkannten Erzieherin, obwohl ich lieber Journalistin geworden wäre... Seit meiner Kindheit schreibe ich mit großer Leidenschaft Geschichten und mein Beruf hat mich schließlich in die Richtung getrieben, die Psychologie als Schwerpunkt in meinen Geschichten werden zu lassen. Ich schreibe Psychothriller, lebe und arbeite seit 2016 in Großbritannien an der Küste von Minehead.

Was hat dich nach Minehead gebracht? Ein weiter Weg für eine Rheinländerin.

Marion:
Das war ein nahezu berührendes Erlebnis. Ich bekam von einem guten Freund in England ein Buch über den Exmoor Nationalpark geschenkt und fuhr 2013 zum Urlaub dorthin. Verliebte mich sofort in dieses Umgebung und fuhr fortan zweimal im Jahr zum Schreiben hin. Das bekam mir so gut, dass ich 2016 mit meinem Mann beschloss, dort als freiberufliche Autorin ganz hinzuziehen. Und es funktioniert. Ich bin sehr sehr glücklich hier und schreibe seitdem Bücher, die alle zu Bestsellern werden...

Also eine sehr gute Entscheidung. Ja deine Bücher sind sehr erfolgreich. Warum schreibst du ausgerechnet Psycho Thriller? Hat dich nie ein anderes Genre gereizt?

Marion:
Genau, mich hat nie ein Thema so brennend interessiert wie die Psychologie. Das kann mit meinem Autismus zusammenhängen, weil ich immerzu lernen muss, wie die nichtautistische Welt funktioniert. Die Psychologie ist praktisch mein Spezialinteresse, wie wir es nennen. Ich studiere die Menschen, um mich möglichst gut anzupassen und nicht aufzufallen. Und im Zuge dessen, bekomme ich einen tiefen Einblick in die Seelen der Menschen und somit auch in ihren Kummer, ihre Nöte, seelischen Schmerzen und in die Reaktionen. Das löst oft eine sehr große Betroffenheit in mir aus, besonders, wenn ich in die Seele eines Missbrauchsopfers schaue. Und genau das verarbeite ich in meinen Geschichten.

 

Wow. Das ist ein beeindruckender Grund zum Schreiben. Ja Sam war fand ich sehr vielschichtig. Nicht jemand der aus Lust am Töten mordet. Mich hat dieses Buch sehr berührt.
Wieviel Mut gehört dazu sich dazu zu entschließen eine Geschichte die man geschrieben hat auch zu veröffentlichen? Ich meine besonders bei deinem Debütroman?

Marion:
Eine gute Frage!! Ich hadere in der Tat sehr oft, ob ich meine gerade geschriebene Geschichte überhaupt veröffentliche, weil es doch sehr gewagte Themen sind, an die ich herangehe und es zu Angriffen kommen kann. Besonders wenn es darum geht, eine Art Verständnis für den Täter zu entwickeln, obwohl die Taten abstoßend sind. Doch in Hinsicht auf das langjährige Opferdasein lässt es sie plötzlich in einem anderen Zusammenhang/Licht erscheinen. Es ist erstaunlich, dass meine Leser die Protagonisten meistens sehr mögen oder sogar lieben. Vielleicht hat es etwas mit der Art von Gerechtigkeit zu tun, die die Opfer für sich wieder herstellen. Eine Art Warnung, wie weit es kommen kann, wenn man die Opfer in ihrer Not allein lässt.

Ja ich würde zwar nicht gerade sagen dass ich Sam liebe aber mit seinen oder auch Pats Opfern habe ich irgendwie auch kein ganz großes Mitleid. Sehr faszinierend. 
Du sprichst gerade an, dass es zu Angriffen kommen kann. Wie reagiert dein Umfeld darauf, dass du Bücher schreibst und auf die Art deiner Bücher?

Marion:
Bisher gab es keine Angriffe, die mich aus der Fassung gebracht haben. Man darf auch nicht vergessen, dass die Geschichten reine Fiktion sind. Eben Geschichten, die neben dem Unterhaltungswert auch einen kleinen Nebenfaktor zeigen, nämlich das Verstehen von Zusammenhängen. Meine Leser und auch das Umfeld reagieren sehr positiv auf meine Bücher, so dass ich motiviert weiterschreibe. Es gibt noch so viele Themen, die interessant sind...

Perfekter Einstieg für mich. Was hast du als nächstes geplant?

Marion:
Hehe... ich verrate ja nicht gerne allzu viel im Vorfeld, doch es wird eine ganz überraschende Geschichte folgen, die ich derzeit erstelle. Bin selbst wieder einmal von der Psychologie der Abläufe fasziniert. Etwas ganz neues, aber ich wiederhole mich ja auch nie in den Geschichten. Jede ist ein Einzelstück... Mal sehen, wie weit ich wieder einmal die Grenzen einer menschlichen Psyche austesten kann...

Und wann können wir mit dem fertigen Buch rechnen?

Marion:
Ich schreibe immer nur 2 Bücher im Jahr, weil der ganze Prozess sehr aufwändig ist. Es wird Herbst werden... denke ich mal

Schreibst du ganz geplant, also sag ich mal jeden Tag 2 Stunden? Oder ganz nach Lust und Laune wie du gerade Ideen hast?

Marion:
Ich schreibe exzessiv, d.h. wenn ich beginne, kann das schon mal bis zu 12 Stunden dauern. Ich schreibe auch oft in der Nacht. Ganz so, wie der Stoff sich bei mir ausschüttet. Habe also keine regelmäßige Schreibzeit. Da ich alles von Hand schreibe (wann immer und wo immer) muss ich anschließend den ganzen Text in den Laptop eintragen und korrigiere ihn dabei direkt noch einmal.

Per Hand. Dann ist das ja gleich doppelt Arbeit. 
Ich hab jetzt noch eine sehr indiskrete Frage. In wie weit beeinflusst dein Autismus dein Leben? Ich habe bisher noch keine direkten Kontakte gehabt. Wenn ich zu neugierig bin darfst du es sagen.

Marion:
Vielen Dank für deine Frage, liebe Carmen! Die Antwort darfst du sehr gerne veröffentlichen, weil es uns Autisten immer ein Stück näher an das Verstehen bringt. Mein Autismus beeinflusst mein Leben enorm. Ich lebe mit einer anderen Wahrnehmung, was sich z.B. im Schreibstil und meinen Inhalten widerspiegelt. Grundsätzlich: Ich höre, sehe, rieche, fühle und nehme viel mehr wahr als andere, was mich oft dazu zwingt, mich zurückzuziehen und allein sein zu wollen, weil ich die vielen Eindrücke sonst nicht verarbeiten kann. Ich habe oft große Probleme, meine Gefühle zu zeigen und die Welt zu verstehen, weil ich mit Hinterlist, Lüge, oder Scheinheiligkeiten nicht gut umgehen kann. Nehme vieles wörtlich und verstehe so manche Zusammenhänge oft erst später. Und doch bin ich keineswegs dumm, doch meine Gehirnstruktur ist so angelegt, dass ich vieles über Umwege schalte und keine direkten Verbindungen habe, so dass die direkte Interaktion für mich oft schwer ist. Das Internet ist perfekt, weil ich mir hier Zeit lassen kann und niemand merkt, wie lange ich für eine Antwort brauche. Im realen Leben kann das schon mal unangenehm sein, wenn ich völlig unpassend antworte. Wenn ich auf Lesungen der Leipziger Buchmesse war, konnte ich meinen Lesern gut begegnen, weil ich mich in meinem Spezialinteresse befand, doch ungeplanten Treffen kann ich nur mit großen Schwierigkeiten begegnen. Da ich von Natur aus kein Mensch des Wettbewerbs bin, ist die Branche der Buchveröffentlichung sehr sehr schwierig für mich. Ich kann leider nur schwer (mit viel Mühe) darin bestehen und nicht alle Bereiche gleichzeitig überblicken, sondern immer nur Teilbereiche. Deswegen hören manche tollen Gruppen oder Kollegen nur selten etwas von mir. Das ist ein grundsätzliches Ding von Autisten. Wir sind Detail-Seher und haben oft Probleme mit dem großen Ganzen. Ich liebe die Ehrlichkeit, die Aufrichtigkeit und den guten sozialen Umgang. Kein Neid, keine Eifersucht und keinen Betrug... Mag, es, wenn man mir einfach nur ehrlich begegnet und ich mich darauf verlassen kann. Es gibt ganz viele Menschen, die das tun, und dafür bin ich sehr dankbar, weil sie mir das Leben in der Öffentlichkeit erleichtern.

Vielen lieben Dank für diese ehrliche und umfassende Antwort. Ich glaube genau das fehlt uns so oft. Wir sehen oft nur das Vordergründige und wissen gar nicht was dahintersteckt. 
(Anmerkung: Marion meinte ihre Antwort wäre sehr lang und ich könnte sie kürzen, aber ich meine jedes Wort ist hier wichtig, deshalb habe ich alles so übernommen wie sie es mir gesagt hat, denn nur was man kennt, kann man verstehen, mir jedenfalls haben ihre Worte sehr weitergeholfen, mehr über das Thema Autismus zu erfahren)

So ich habe jetzt aber wirklich viel deiner Zeit in Anspruch genommen. 
Zum Abschluss meiner Interviews stelle ich immer eine kleine Schlussaufgabe:

Verrate mir doch bitte 3 Dinge über dich, die noch nicht jeder weiß. Können auch Kleinigkeiten sein.

Marion:
3 Dinge, die kaum einer weiß: 
- Freude und Enttäuschung liegen bei mir im gleichen Maße ganz nahe beieinander
- Ich weine innerlich oft vor Freude, wenn ich tollen Menschen begegne 
- Meine Innenwelt darf nicht betreten werden

Dann sage ich dir jetzt vielen herzlichen Dank. Es war eines der interessantesten und beeindrucktesten Interviews die ich bis jetzt führen durfte.

Und falls ihr noch mehr zum Thema Autismus erfahren möchtet, schaut doch einfach mal auf die Facebook Seite, die Marion zu diesem Thema betreibt: 
https://www.facebook.com/Denkmomente/ 
Ich jedenfalls finde das sehr interessant und informativ.
So seid ihr nun neugierig was ich über ihr neustes Buch zu erzählen habe, dann schaut einfach gleich vorbei.